Der NRW-Wirtschaftsblog
Klartext
im Westen

Konnexität ist kein Wunschkonzert – sie ist Verfassungsgebot!

Bodo Klimpel (CDU), Landrat des Kreises Recklinghausen, schreibt im NRW-Wirtschaftsblog über eine immer weitergehende Entkoppelung von Aufgabenübertragung und Gegenfinanzierung in den Kommunen

„Wer die Musik bestellt, muss sie auch bezahlen.“ Mit dieser einfachen Redewendung ist der Konnexitätsgrundsatz auf den Punkt gebracht. Dahinter steht die Idee, dass der Gesetzgeber, der den Kommunen Aufgaben überträgt, auch für deren Finanzierung geradestehen muss. Doch in der Praxis erleben wir Kommunen eine immer weitergehende Entkoppelung von Aufgabenübertragung und Gegenfinanzierung. Die Kommunen müssen mit immer weniger Geld immer mehr Aufgaben - wie zum Beispiel bei der Ganztagsbetreuung - erfüllen. Die Folgen sind dramatisch.

Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Nach Pandemie, Ukraine-Krieg, enormen Flüchtlingszahlen, einbrechenden Gewerbesteuereinnahmen und zugleich steigenden Sozialausgaben ist die kommunale Verschuldung in NRW auf fast 50 Milliarden Euro angestiegen. Das ist ein Zuwachs von 3,2 Prozent.

Eine Umfrage des Städte- und Gemeindebundes NRW zeichnet ein alarmierendes Bild: Nur 5 von 396 Kommunen geben an, finanziell gut aufgestellt zu sein. 348 bezeichnen ihre Lage als „eher schlecht“ oder „sehr schlecht“. Und: Keine einzige Stadt erwartet in den nächsten fünf Jahren eine Verbesserung. Das Problem betrifft längst nicht mehr nur strukturschwache Regionen.

Rücklagen schmelzen - Aufgaben steigen

Auch wir im Kreis Recklinghausen leben mittlerweile von der Substanz. Unsere Rücklagen schmelzen dahin. Und dennoch sollen wir weiterhin neue Aufgaben schultern und gleichzeitig wichtige Investitionen in Infrastruktur und Bildung stemmen. Alleine wir als Kreis mussten seit 2020 rund 848 Mio. Euro kompensieren. Mit diesem Geld hätten wir viel Gutes tun können, z.B. bei der Sanierung von Brücken.

Was oft übersehen wird: Kommunale Investitionen sind nicht nur Daseinsvorsorge, sie sind auch ein entscheidender Motor für unsere heimische Wirtschaft. Wenn wir Schulen sanieren, Straßen instand setzen, Berufskollegs modernisieren oder Sportstätten ausbauen, dann stärken wir damit auch das regionale Handwerk, die Bauwirtschaft, das Planungsgewerbe und die lokale Beschäftigung.

Es geht um die wirtschaftliche Zukunftsfähigkeit

Jeder ausgegebene Euro fließt zurück in den Wirtschaftskreislauf und schafft Aufträge, Einkommen, Stabilität. Es geht also nicht nur um Beton und Technik, sondern um wirtschaftliche Zukunftsfähigkeit. Besonders in wirtschaftlich herausgeforderten Regionen wie dem Ruhrgebiet wirken solche Investitionen doppelt: strukturell und konjunkturell.

Wer den Kommunen also Investitionen verwehrt, bremst nicht nur Entwicklung, sondern auch Wachstum und Beschäftigung vor Ort.

Die Nichtbeachtung der Konnexität, das Hin und Her bei der Altschuldenfrage und das Zögern bei der Entlastung der Kommunen im Flüchtlingsmanagement – das alles ist brandgefährlich. Es öffnet populistischen Kräften Tür und Tor. Eben denjenigen, die keine Lösungen, aber einfache Parolen haben. Wer jetzt nicht handelt, gefährdet die Handlungsfähigkeit des Staates. Wir brauchen endlich eine ehrliche Diskussion über die Konnexität. Und wir brauchen sie jetzt.