Der NRW-Wirtschaftsblog
Klartext
im Westen

Vereinen statt trennen – Umwelt- und Wirtschaftspolitik in NRW

Von Ursula  Heinen-Esser

Von Mai 2018 bis April 2022 Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen

Umwelt- und Wirtschaftspolitik passt nicht zusammen? Passt doch, sagt Ursula Heinen-Esser, Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen, im NRW-Wirtschaftsblog.

Nordrhein-Westfalen ist ein Land der Vielfalt. Die großen Städte entlang von Rhein und Ruhr sind umgeben von grünen Wiesen und Wäldern und verfügen über zahlreiche „grüne Lungen“. Im Münsterland, der Eifel oder im Sauerland finden sich zugleich Orte, die einen schnell vergessen lassen, dass man sich im bevölkerungsstärksten Land der Bundesrepublik befindet. Die Zeit der dauerrauchenden Schlote ist vorbei, jetzt sitzen hier in den Ballungszentren und auch in der Fläche zahlreiche gewichtige mittelständische Firmen, große Industrieunternehmen und Hidden-Champions.

Diese Bandbreite von industrieller Vergangenheit, moderner Dienstleistungsbranche, echten Innovationsgebern und ursprünglicher Natur ist die Stärke unserer Heimat. Gleichzeitig stellt diese Diversität eine enorme Herausforderung für eine Umweltpolitik dar, die eine Aussöhnung von Ökonomie und Ökologie zum Ziel hat.

Wir wollen der Wirtschaft durch schnelle und rechtssichere Genehmigungsverfahren sowie eine gute Standortpolitik die nötigen Rahmenbedingungen zur Entwicklung geben. Dazu gehört auch Raum zum Wachsen. Doch die dazu benötigte Fläche ist ein wertvolles Gut.

Deshalb gilt es durch intelligente Lösungen den Flächenverbrauch zu reduzieren. Dabei ist mir das Thema Flächenrecycling eine Herzensangelegenheit. Durch die industrielle Vergangenheit unseres Landes gibt es zahlreiche große und auch günstig gelegene Flächen, die durch eine Vornutzung belastet sind.

Diese Areale müssen wieder nutzbar gemacht werden – für die Schaffung des stets knappen Wohnraumes, aber auch für Gewerbe und Unternehmen. Dazu braucht es den politischen Willen vor Ort, das Know-How der Altlastenbeseitigung aber letztlich insbesondere die Wirtschaft selbst, die mit der Politik in diese Richtung geht.

Fläche ist ein Wert an sich, der leider nicht vermehrbar ist. Damit gilt es diese wichtige Ressource mit Bedacht zu nutzen. Freiflächen sind nicht nur für eine erfolgreiche Klimaanpassung, wie beispielsweise im Zusammenhang mit Starkregenereignissen wichtig, sie halten auch unsere Städte attraktiv für die Bürgerinnen und Bürger und somit für die dringend benötigten Fachkräfte.

Gleiches gilt auch für die Natur und unsere Umwelt. Sind sie intakt, garantiert dies nicht nur nachhaltige Ressourcennutzung, sondern zudem auch intakte Lebens- beziehungsweise Arbeitsbedingungen mit hohem Naherholungswert.

"Wir wollen der Wirtschaft durch schnelle und rechtssichere Genehmigungsverfahren sowie eine gute Standortpolitik die nötigen Rahmenbedingungen zur Entwicklung geben. Dazu gehört auch Raum zum Wachsen."

Umweltschutz muss damit ein unternehmerisches Urinteresse sein. Deshalb ist es wichtig, Wirtschaft und Umweltschutz zusammen zu denken. Das lohnt sich auch unternehmerisch, wie der Bereich der Umweltwirtschaft eindrucksvoll zeigt.

Unser Land ist der größte Anbieter von Produkten und Dienstleistungen der Umweltwirtschaft in ganz Deutschland. 368.000 Erwerbstätige sind in dieser Branche tätig - damit ist jeder zwanzigste NRW-Arbeitsplatz in der Umweltwirtschaft angesiedelt.

Mit einer Bruttowertschöpfung von rund 30 Milliarden Euro werden über sechs Prozent der NRW-Wirtschaftsleistung mit Produkten und Dienstleistungen der Umweltwirtschaft erzielt. Knapp jedes fünfte Patent dieses innovationsstarken Wirtschaftszweiges kommt bundesweit aus unserem Heimatland.

Die Geschichte unseres Landes beweist damit, dass wirtschaftlicher Erfolg nicht nur durch zügelloses Wachstum erreicht wird. Nach den Zechen, den Stahlwerken und den Kokereien war das Land gezeichnet. Nordrhein-Westfalen war stets das Sinnbild prosperierender Industrie, nun ist es Vorreiter einer neuen, vorwärtsgewandten Umweltwirtschaft.

Umweltschutz und Wirtschaft sind somit keine Gegensätze. Maßnahmen, die dem Schutz und Erhalt des Ökosystems sowie des Erdklimas dienen, schaffen Wachstum und Arbeitsplätze. Zudem haben sowohl Wirtschaft als auch Umweltschutz das Ziel, Ressourcen langfristig und nachhaltig zu nutzen. Deshalb bringt es wenig, dauerhaft die Mär der gegenseitigen Ausschließlichkeit aufrecht zu erhalten.

Moderne, zukunftsgerichtete und nachhaltige Umwelt- und Wirtschaftspolitik vereint statt zu trennen. Und insbesondere das vielfältige Land Nordrhein-Westfalen ist darin stark, vermeintliche Gegensätze zu vereinen.

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Ursula Heinen-Esser

Von Mai 2018 bis April 2022 Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen

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