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aus NRW

Pöttering: Teilqualifizierungen hilfreich zur Fachkräftesicherung

Schrittweise zum Berufsabschluss: Arbeitsmarktpartner setzen sich für Stärkung der abschlussorientierten Teilqualifizierungen ein

Arbeitsministerium, Bundesagentur für Arbeit, Gewerkschaftsbund, Unternehmerverbände, Kammern und Wohlfahrtspflege wollen Teilqualifizierungen für weitere Berufsfelder ausbauen und so mehr Fachkräfte in die Betriebe bringen

Im Rahmen der Fachkräfteoffensive Nordrhein-Westfalen wollen die Landesregierung, die Bundesagentur für Arbeit, der Deutsche Gewerkschaftsbund, die Landesvereinigung der Unternehmensverbände Nordrhein-Westfalen, die Industrie- und Handelskammern, der Westdeutsche Handwerkskammertag, die Freie Wohlfahrtspflege und der Verband Freier Berufe die so genannten abschlussorientierten Teilqualifizierungen (TQ) weiterentwickeln und stärken.

Bei TQ handelt es sich um standardisierte Bausteine zur Qualifizierung, die aus einem anerkannten Ausbildungsberuf abgeleitet werden. Wer alle TQ eines Berufs erfolgreich absolviert, kann nach einer abschließenden Prüfung den Berufsabschluss erwerben. Alle beteiligten Arbeitsmarkpartner haben jetzt eine entsprechende Vereinbarung unterzeichnet und ihre Bereitschaft zur Information und Unterstützung dieses Qualifizierungsweges erklärt.

„Wir wollen möglichst allen Menschen in Nordrhein-Westfalen eine Ausbildung ermöglichen. Aber nicht für alle ist der mehrjährige Weg einer Ausbildung der richtige. Es gibt Menschen, die arbeitssuchend sind oder als Un- und Angelernte in Betrieben arbeiten und sich aus persönlichen oder wirtschaftlichen Gründen keine Berufsausbildung oder mehrjährige Umschulung vorstellen können. Für sie ist die schrittweise berufliche Weiterbildung eine wertvolle Chance, einen Berufsabschluss nachzuholen“, erklärt Arbeitsminister Karl-Josef Laumann. „In Zeiten des Fachkräftemangels sind wir mehr denn je auf qualifizierte Beschäftigte angewiesen. Teilqualifizierungen sind daher eine wichtige Möglichkeit, um die Kompetenzen der Menschen ohne oder mit einem nicht mehr verwertbaren Abschluss auszubauen und den Bestand an Fachkräften in den Betrieben zu sichern.“

Dank der TQ können sich Personen mit geringen formalen Qualifikationen, Quereinsteigende, Menschen mit ausländischen Abschlüssen und Berufsrückkehrende beruflich weiterentwickeln, gezielt auf neue Aufgaben vorbereiten und einen vollwertigen Berufsabschluss nachholen. TQ sind in Nordrhein-Westfalen bereits für viele Berufe im kaufmännischen und gewerblich-technischen Bereich sowie für Dienstleistungsberufe verfügbar, zum Beispiel für die Berufe Elektroniker/in, Anlagenmechaniker/in für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik oder Verkäufer/in. Ein TQ-Baustein umfasst zwei bis sechs Monate in Vollzeit.

In der gemeinsamen Vereinbarung haben sich die Partner unter anderem darauf verständigt, dass für weitere Berufe standardisierte TQ-Angebote entwickelt werden sollen. Außerdem soll nach jedem TQ-Baustein eine Lernerfolgskontrolle durchgeführt und mit einem Zertifikat bescheinigt werden, welches dann auf dem Arbeitsmarkt verwendet werden kann. Die Agenturen für Arbeit können den Erwerb eines Berufsabschlusses durch Teilqualifizierungen über Bildungsgutscheine fördern und bei Bedarf durch ein begleitendes Coaching unterstützen. Für Unternehmen besteht über die Beschäftigungsqualifizierung der Agenturen für Arbeit die Möglichkeit der Förderung bis zu 100 Prozent. Die TQ-Angebote wenden sich im Regelfall an Erwachsene ab 25 Jahren. Jugendliche und jüngere Erwachsene sollen insbesondere dabei unterstützt werden, eine (duale) Berufsausbildung zu absolvieren.

Dirk Strangfeld, Geschäftsführer Arbeitsmarktmanagement der Regionaldirektion Nordrhein-Westfalen der Bundesagentur für Arbeit: „Teilqualifizierungen sind ein Erfolgsmodell: Sie erreichen überdurchschnittliche Erfolgsquoten und machen Lernen flexibel sowie praxisnah. Der modulare Aufbau ermöglicht den Teilnahmenden, in den Zeiten zwischen den Modulen zu arbeiten, Erfahrungen zu sammeln, mehr Verantwortung zu übernehmen und anschließend nahtlos weiterzumachen. Unterstützung erfolgt häufig auch durch eine sozialpädagogische Begleitung, die individuell stärkt und motiviert. Ein Blick in die nationale Weiterbildungsdatenbank ‚mein Now‘ lohnt sich – dort finden Interessierte zahlreiche Angebot direkt aus ihrer Region.“

Anja Weber, Deutscher Gewerkschaftsbund Bezirk Nordrhein-Westfalen: „Ohne abgeschlossene Berufsausbildung steigt das Risiko, langzeitarbeitslos zu werden, gewaltig. Teilqualifizierungen können helfen, Menschen dennoch eine echte Chance auf dem Arbeitsmarkt zu eröffnen. Das gelingt aber nur, wenn alle Akteure an einem Strang ziehen und gemeinsam sicherstellen, dass Teilqualifizierungen in einen anerkannten Berufsabschluss münden. Ansonsten ist die Gefahr groß, dass die Betroffenen als schnelle und billige Arbeitskräfte ausgenutzt werden und eben keine dauerhafte Perspektive erhalten. Kurzum: Allein das Erlangen eines Gabelstaplerführerscheins darf nicht als Teilqualifizierung durchgehen! Erfolgsbeispiele gibt es vor allem dort, wo Betriebsräte, Gewerkschaften, Arbeitgeber und die Partner am Arbeitsmarkt sich zusammen einsetzen und für gute Rahmenbedingungen sorgen.“

Johannes Pöttering, unternehmer nrw: „Teilqualifizierungen sind ein effizientes Instrument zur Fachkräftesicherung. Sie bauen gering qualifizierten Erwachsenen Brücken hin zu einem Berufsabschluss. Und sie können gerade in Zeiten mit vielen neuen Anforderungen gezielt die Beschäftigungsfähigkeit von An- und Ungelernten stärken. Das ist eine klassische Win-Win-Situation.“

Dr. Ralf Mittelstädt, Industrie- und Handelskammern (IHK) Nordrhein-Westfalen: „Angesichts des demografischen Wandels und des steigenden Fachkräftebedarfs müssen wir alle Ausbildungspotenziale nutzen. Teilqualifizierungen eröffnen Menschen ohne Berufsabschluss die Möglichkeit, Schritt für Schritt einen anerkannten Abschluss zu erreichen. Mit standardisierten und qualitätssichernden Kompetenzfeststellungen wird sichergestellt, dass diese Qualifikationen am Arbeitsmarkt besser anerkannt und verwertbar sind und damit einen wichtigen Beitrag zur Fachkräftesicherung in Nordrhein-Westfalen leisten. Die Industrie- und Handelskammern unterstützen den Prozess zur Stärkung der Teilqualifizierung aktiv.“

Dr. Florian Hartmann, Westdeutscher Handwerkskammertag e. V.: „Die Teilqualifizierung ist ein weiteres Instrument zur Entwicklung von Fachkräften für das Handwerk in der Zukunft. Ich begrüße, dass aktuell die Sozialpartner einvernehmlich in immer mehr Handwerksberufen TQ-Berufssets entwickeln.“

Hartmut Krabs-Höhler, Arbeitsgemeinschaft der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege Nordrhein-Westfalen: „In Nordrhein-Westfalen haben rund 15 Prozent der sozialversicherungspflichtig Beschäftigen keinen Berufsabschluss, bei arbeitslosen Menschen sind es mehr als 60 Prozent. Durch fehlende oder nicht anerkannte Berufsabschlüsse geflüchteter Menschen steigt die Zahl der formal Geringqualifizierten weiter an. Die abschlussbezogene Teilqualifizierung ist daher nicht nur ein Instrument gegen den Fachkräftemangel, sondern kann insbesondere auch dazu beitragen, faire Teilhabechancen zu ermöglichen und Menschen aus prekären Arbeitsverhältnissen zu holen. Sie ist ein gutes arbeitsmarktpolitisches Instrument, Menschen neue Perspektiven zu eröffnen und ihnen zu helfen, aus der Armutsfalle auszubrechen. Die Freie Wohlfahrtspflege begrüßt das gemeinsame Strategiepapier und appelliert, auf gute regionale Kooperationen wie das Kölner Bildungsmodell zu setzen, das seit zehn Jahren gemeinsam mit Trägern, Unternehmen, Kammern, Agentur und Jobcenter Menschen erfolgreich qualifiziert.“

Mehr Informationen gibt es beim Weiterbildungsportal NRW unter www.weiterbildung.nrw.de

Hintergrund
Im Rahmen der Fachkräfteoffensive NRW (FKO) arbeiten die Ressorts der Landesregierung gemeinsamen mit der Regionaldirektion Nordrhein-Westfalen der Bundesagentur für Arbeit, Sozialpartnern, Verbänden, Kammern, Unternehmen sowie Hochschulen zusammen, um Lösungsansätze gegen den Fachkräftemangel zu entwickeln und umzusetzen. Die Arbeitsmarktpartner in NRW fördern die Umsetzung von TQ durch Information, Beratung, Finanzierung und Begleitung, um TQ in NRW zu stärken und mehr Menschen zu einem Berufsabschluss zu verhelfen. In Nordrhein-Westfalen wurden im Rahmen der Teilqualifizierung seit 2020 rund 63.000 Menschen qualifiziert.

Mehr Infos zur Fachkräfteoffensive gibt es hier: https://www.mags.nrw/fachkraefteoffensivestrategie