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aus NRW

Gastbeitrag im Handelsblatt: Keine Eskalation im Zollstreit

NRW-Unternehmerpräsident Arndt G. Kirchhoff über den Zoll-Konflikt zwischen USA und EU.

Der von US-Präsident Trump ausgelöste Zollstreit stellt die transatlantische Partnerschaft auf eine äußerst harte Probe. Für mich ist aber eines ganz klar: Wir müssen alles dafür tun, dass diese Partnerschaft weiterhin Bestand hat und sogar gestärkt aus der Krise hervorgeht. Denn bei dem Konflikt steht sehr viel auf dem Spiel. Das gilt ausdrücklich für beide Seiten – auch für die USA. Und genau deshalb gibt es durchaus eine realistische Chance, diesen Konflikt vernünftig und zum Vorteil beider Seiten zu lösen. Dafür sollte die europäische Seite nicht auf Eskalation setzen, sondern klug agieren und ihre eigenen Stärken ausspielen.

Viel steht auf dem Spiel – für beide Seiten

Nicht nur die USA sind der wichtigste Handelspartner für die deutsche Wirtschaft, sondern auch umgekehrt gehört Deutschland zu den wichtigsten Zielländern amerikanischer Exporte. Das Gleiche gilt für das Miteinander zwischen der EU und den USA. Dieser Handel steht für Wertschöpfung, Arbeitsplätze und Wohlstand auf beiden Seiten des Atlantiks. Mit den USA verbindet uns zudem eine langjährige und tiefe Freundschaft, die von gemeinsamen Werten geprägt ist und die weit über die Wirtschaftsbeziehungen hinausreicht.

Angesichts dessen wäre es für Präsident Trump kein guter Deal, eine Zollmauer zwischen Europa und den USA hochzuziehen. Klar sollte ihm sein, dass Zölle bei den Verbrauchern in Form höherer Preise ankommen. Ein US-Präsident, der weniger Inflation versprochen hat, sollte das ernst nehmen. Und schon jetzt sehen wir Investitionszurückhaltungen bei deutschen Unternehmen in Bezug auf Projekte in den USA. Auch das kann nicht im Interesse der USA sein.

Handlungsmodus, kein Eskalationsmodus

Bei allem mehr als berechtigten Ärger über das erratische Handeln des US-Präsidenten und seine protektionistische Eskalation: Europa hat das Thema Handel zu lange vernachlässigt und die Partnerschaft mit den USA vielleicht als zu selbstverständlich angesehen. Umso wichtiger ist es, ernsthaft ins Handeln zu kommen. Und das mit Tempo – denn die Zeit läuft.

Europa muss jetzt stark auftreten und die eigenen Stärken ausspielen. Ich bin überzeugt davon, dass Europa in der Position ist, die Verhandlungen auf Augenhöhe zu führen. Europa ist immer noch die größte Industrieregion der Welt. Wir verfügen beispielsweise über Schlüsseltechnologien im Maschinenbau, bei denen die USA durchaus auf unsere Kompetenzen angewiesen sind. Und natürlich ist es gut, selbst Instrumente für eine Gegenreaktion in der Hand zu haben. Gezielte Gegenzölle können ein Mittel sein, die USA davon zu überzeugen, dass der Weg hin zu Zöllen der falsche ist.

Genauso klar muss aber auch das „Nein“ zu einer Eskalation sein, die eine Spirale von Zöllen und Gegenzöllen in Gang setzen würde. Das nutzt niemandem – im Gegenteil. Europa muss vielmehr überlegen, was wir selbst anbieten können. Heißt: Europa muss sich bewegen nach dem Prinzip der Reziprozität. Das beinhaltet beispielsweise auch den Abbau eigener tarifärer Hemmnisse gegenüber den USA. Und auch Deregulierung und Bürokratieabbau im transatlantischen Handel sind wichtige Ansätze. Möglichkeiten, hier zum beiderseitigen Nutzen enger zusammenzuarbeiten, gibt es viele – etwa bei Regulierungsfragen oder technischen Standards.

Europa muss seine Hausaufgaben machen

Die Aufgabe, vor der Europa in diesem Konflikt steht, ist wahrlich nicht einfach. Umso wichtiger ist, dass Europa geschlossen auftritt. Das gilt für die Mitgliedstaaten wie für die Branchen, die durchaus unterschiedlich von Zöllen und Gegenzöllen betroffen wären. Wir dürfen uns hier nicht auseinanderdividieren lassen!

Gleichzeitig kann und muss Europa nach innen noch einiges tun, um seine eigenen Potenziale besser auszuschöpfen. Nur mit einem starken Partner sind Deals interessant. Viel Potenzial sehe ich im Binnenmarkt: Seine Vollendung muss zu einem zentralen Projekt der EU werden. Wir brauchen hier mehr Ehrgeiz, etwa für einen Energie- und Datenbinnenmarkt sowie eine echte Kapitalmarktunion. Gleichzeitig sind Bürokratieabbau und Deregulierung Kernaufgaben europäischer Politik. Mit dem Clean Industrial Deal und den Omnibus-Verfahren werden jetzt endlich erste Korrekturen an der bisherigen Überregulierung vorgenommen. Dies darf aber kein Strohfeuer sein.

Und wir brauchen insgesamt eine Offensive für offene Märkte und Freihandel – auch jenseits der USA. Europa muss daher seine Allianzen mit anderen großen Handelspartnern stärken. Denn das vermeidet einseitige Abhängigkeiten, die für Verhandlungen nie gut sind.

Der Gastbeitrag von NRW-Unternehmerpräsident Arndt G. Kirchhoff erschien am 2. Juli 2025 im Handelsblatt:

Im Zollstreit darf es auf keinen Fall zu einer Eskalation kommen